Der Wissenschaftsstandort Deutschland: historische Hintergründe
In Deutschland spielt Forschung eine große Rolle. Deutschland ist schon immer ein Ort der Wissenschaft gewesen. Die Universitäten in Köln, Erfurt und Heidelberg gehören mit zu den ältesten in Europa. Etwas mehr als ein Jahrhundert nach deren Gründung löste die Reformation Martin Luthers eine weiter zunehmende Begeisterung für Wissenschaft und Forschung aus. Theologie war damals ja die Wissenschaft schlechthin.
Zu dieser Zeit zeichnete sich auch schon die besondere Wesensart der deutschen Forscher ab. Während in anderen Ländern Wissenschaft zunehmend als ein einheitliches, empirisches Fach verstanden wurde, kam es in Deutschland auch zu einem sehr starken Interesse an der Forschung in den Geisteswissenschaften.
Diese tief im deutschen Wesen verankerte Liebe zur Suche nach der Wahrheit in den unterschiedlichsten Wissensgebieten bildet bis heute den fruchtbaren Boden für die vielfältigsten Forschungsprojekte sowohl in den Grundlagenwissenschaften als auch in den angewandten Wissenschaften. Viele Forschungsprojekte führen zur Entwicklung neuer Produkte, Technologien, Dienstleistungen und Organisationen.
Die Innovationskraft Deutschlands zeigt sich auch an vielen deutschen Patenten.
Die DFG: ein Wissenschaftsverein, kein Fußballverein
Die wichtigste Wissenschaftsorganisation in Deutschland ist die DFG, die „Deutsche Forschungsgemeinschaft“. Die DFG ist ein eingetragener Verein. Letztendlich sind es die Steuerzahler, die über Bund und Länder den Förderetat dieses gemeinnützigen Vereins und somit einen Großteil der Wissenschaft und Forschung finanzieren.
Die hierbei aufgewendeten Geldsummen sind hoch: 2014 vergab die DFG Fördergelder in Höhe von 2,74 Milliarden Euro. Die Verantwortung der Wissenschaftler und Forscher bezieht sich auf die ethischen, sozialen, technischen und ökologischen Folgen des von ihnen gefundenen Wissens.
Außerdem sind sie allen Bürgern gegenüber zu einem sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit den Geldmitteln verpflichtet, da alle Bürger doch helfen, Wissenschaft und Forschung mitzufinanzieren. In diesen Punkten kann sich Deutschland international sehen lassen. Die Vergabe von Forschungsgeldern erfolgt in Deutschland nach kritischer Prüfung der Forschungsanträge.
Die Peer-Review-Begutachtung, also die Kontrolle der Forschungsanträge durch jeweilige Fachkollegen, ist ein althergebrachter und auch in Deutschland bewährter Prozess, um über die Qualität von Forschungsanträgen zu entscheiden. Geforscht wird an vielen Stellen: an Universitäten und Hochschulen, an außeruniversitären Forschungsstellen und auch in der freien Wirtschaft.
In Deutschland gibt es insgesamt rund 435 Hochschulen, einschließlich der 215 Fachhochschulen. Die Hochschulen sind Mittelpunkt nicht nur der Lehre, sondern auch der Forschung. Zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen gehören die Max-Planck-Institute sowie die Institute der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft.
Daneben gibt es auch die Bundes- und Länderinstitute mit bestimmten Forschungsbereichen auf Bundes- und Landesebene.
Wissenschaftsfinanzierung durch die Privatwirtschaft
Neben der Förderung von Wissenschaft und Forschung durch vom Steuerzahler aufgebrachte Fördergelder spielt auch die Finanzierung durch die Privatwirtschaft eine Rolle. Gemäß einiger Statistiken finanziert die Privatwirtschaft zwei Drittel aller Forschungsausgaben. Im Jahr 2012 flossen in Deutschland insgesamt 79,4 Milliarden Euro in die Forschung. Das sind fast drei Prozent des Bruttoinlandprodukts.
Deutschland liegt also im Bereich des von der Europäischen Union vorgegebenen Drei-Prozent-Ziels. All das Geld nützt jedoch nichts, wenn es nicht in die richtigen Hände kommt. Glücklicherweise gibt es am Standort Deutschland eine große Gemeinschaft von kompetenten, fähigen Wissenschaftlern. Die größten Forschungsgemeinden der Europäischen Union sind in Frankreich, England und Deutschland.
In Deutschland leben und arbeiten 21% der Wissenschaftler der Europäischen Union. Die internationale Vernetzung der deutschen Forschergemeinde ist sehr groß. Um einen Durchbruch ermöglichenden Überblick in einem bestimmten Themengebiet zu bekommen, gehen deutsche Forscher ins Ausland und forschen dort oder tauschen neue Erkenntnisse mit ausländischen Wissenschaftlern aus.
Die auf Grundlagenforschung ausgerichtete Max-Planck-Gesellschaft arbeitet zum Beispiel mit rund 5500 Kollegen an Forschungsinstitutionen in mehr als 120 Ländern zusammen.
Am Wissenschaftsstandort Deutschland gibt es die heimische Version von „R&D“ (Research and Development). Auf Deutsch heißt das „FuE“ (Forschung und Entwicklung). „FuE“ bezeichnet Anstrengungen, neue Produkte, Technologien und wirtschaftlich umsetzbare Dienstleistungen und Organisationspraktiken zu entwickeln.
Für die Privatwirtschaft und Unternehmen ist „FuE“ also das Versprechen, dass sich erfolgreiche Forschung für die Wirtschaftskraft und die Wirtschaftsentwicklung einer Nation auch bezahlt macht.
In diesem Zusammenhang ist der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ein anderer wichtiger, eingetragener Verein. Es ist nicht Ziel dieses Vereins, bestimmte Forschungsvorhaben, Institute oder Wissenschaftler zu fördern.
Vielmehr ist das Kernanliegen dieses Vereins, die Rahmenbedingungen für die Forschung ständig zu verbessern und stets an einem sinnvollen Zusammenwirken von Wirtschaft und Wissenschaft zu arbeiten. Der Stifterverband steht den Arbeitgeberverbänden nahe. Die Forschungslandschaft ist da durchaus komplex.
Auf der einen Seite ist es gerade der wahrheitsliebende Freiheitsgeist, der Forschung beflügelt, auf der anderen Seite ist die Forschung jedoch durch ihre Verflechtung mit auf Gewinn ausgerichteten Unternehmen auf eine wirtschaftliche Verwertbarkeit angewiesen.
Deshalb kann es zu einer teilweisen Privatisierung und Nichtveröffentlichung der Forschungsergebnisse kommen, um sie für die kommerzielle Produktentwicklung zu reservieren. In anderen Ländern, beispielsweise in den USA und in der Schweiz, stehen die Forschergemeinden vor einem ähnlichen Dilemma.
Viele sagen jedoch, dass dieses Spannungsfeld zwischen echter Forschung und durch Kommerz gehindertem Forschergeist in Deutschland sehr günstig zur Seite der echten Forschung hin ausgerichtet ist.
Die politischen Entscheidungsträger in Deutschland sind sich der Wichtigkeit von Wissenschaft und Forschung bewusst. Ständig entstehen neue Handlungsinitiativen, um das bestehende Wissenschaftssystem zu verbessern. Seit 2007 laufen die Bemühungen der Bundesregierung zur Erhöhung der Anzahl der Studienplätze im Rahmen des „Hochschulpakts“. Ende 2014 trat die dritte Phase des „Hochschulpakts 2020“ in Kraft.
Während der gesamten Laufzeit des „Hochschulpakts“ von 2007 bis 2023 investiert der Bund 20,2 Milliarden Euro und die Länder 18,3 Milliarden Euro in die Erhöhung der Studienplatzzahl, die Senkung der Studienabbruchrate und die Ausweitung der Studienmöglichkeiten für beruflich bereits Qualifizierte.
Mit dem „Pakt für Forschung und Innovation“ bündelt die Bundesregierung die forschungspolitische Ausrichtung von Forschungseinrichtungen und der DFG. Die Grundfinanzierung dieser Organisationen wird jährlich ausgeweitet. Im Gegenzug verpflichten sich diese auf das Einhalten von bestimmten Arbeitszielen.
Die Exzellenzinitiative ist die wichtigste, die deutsche Forschungslandschaft formende Initiative. Das Förderprogramm entstand 2006 im Rahmen der Angleichung des deutschen Universitätswesens an den europäischen Bologna-Prozess und der dadurch ausgelösten Knappheit an Finanzmitteln. Die Exzellenzinitiative fördert in drei unterschiedlichen Förderbereichen: Exzellenzcluster, Zukunftskonzepte und Graduiertenkurse.
Bei den Exzellenzclustern geht es um die Förderung der Forschung zu einem bestimmten Themenkreis an einem Standort. Im Rahmen dieser Themenkreise kommen Forscher unterschiedlicher Fachgebiete, unterschiedliche Institutionen sowie auch Vertreter der Industrie zusammen. So entstehen in Deutschland regionale Standorte für international sichtbare Spitzenforschung.
Graduiertenkurse sind Programme für Forscher, die ihre Doktorarbeiten machen. Es sind also keine Studienplätze im konventionellen Sinn, sondern auch Produktionsstätten echter Forschung. Deutschland ist ein Forschungsstandort mit vielen Möglichkeiten und zahlreichen Zukunftsvorschlägen.